"Deswegen fungiert das Netz als Speicher"

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Bender
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"Deswegen fungiert das Netz als Speicher"

Beitrag von Bender »

Ich benutze das Zitat der Grünen-Politikerin Annalena Baerbock nicht deshalb als Titel, weil ich sie persönlich irgendwie lächerlich machen möchte, sondern vielmehr, weil ich glaube, dass sie damit bewiesen hat, dass es bei dem Thema "Energie" einen großen Nachholbedarf gibt.

Vor allem die Gegner und Befürworter diverser neuer Technologien verrennen sich hier oft in ideologisch geführten Wortgefechten, ohne die tatsächlichen Fakten hierbei zu kennen.
Und da das Thema "Blackout" spätestens seit Berlin wieder in aller Munde ist, fange ich einfach mal an.

Zum Einstand ein schöner Artikel der NZZ zum Thema Deutsche Energiewende: in Bayern stehen zwei hochmoderne Gaskraftwerke, welche sich durch die Förderung von sog. Ökostrom auf der einen und die zu geringen CO2-Emmisionspreise gegenüber Kohle auf der anderen Seite nicht wirtschaftlich betreiben lassen, jedoch "zwangsannektiert" werden, weil sie als Netzreserve unverzichtbar sind, falls/wenn Sonne und Wind nachlassen.
Die enormen Kosten der ständigen Vorhaltung trägt, wie auch die EEG-Umlage, der Stromkunde.
Und es wird ein drittes Kraftwerk gebaut.

Wer es etwas technischer mag, darf sich das hier noch reinziehen: Online-Messung der Netzfrequenz: Aktuelle Informationen sowie Europas Stromnetz stand am Rande des Totalausfalls.
Wohlgemerkt: es handelt sich hier NICHT um den üblichen Journalismus mit "Pro" oder "Kontra", sondern um rein technische Analysen der im Januar real vorgefallenen Ereignisse.

Grobe Zusammenfassung: bereits jetzt gibt es durch die unzuverlässige Einspeisung von PV und Windstrom große Probleme, deren zeitweisen Ausfall zu kompensieren. Wenn deren Anteil steigt sowie die zuverlässigen Grundlastkraftwerke (Atom, Kohle) vom Netz gehen, wird eine Regelung des Stromnetzes immer, ich muss es so ausdrücken, unmöglicher.

Dies ist eine einfache Rechnung: wie kompensiert man eine Schwankung im vierstelligen MW-Bereich, wenn mir lediglich Reservekapazitäten im dreistelligen Bereich zur Verfügung stehen, ohne dabei weite Teile des Netzes abzuschalten?
Sollte diese (automatische) Teilabschaltung nicht funktionieren oder manuell verhindert werden, bricht das Netz wie eine Reihe Dominosteine komplett zusammen.

Ich sehe hier zwei gegenläufige Tendenzen:
1. immer stärkere Vernetzung: mehr Stromtrassen, mehr Rechner, mehr Kontrolle, der PC übernimmt die Regelung im Nanosekundenbereich inkl. Elektroautos sowie Kellerakkus als Speicher; dies wird aufwändig und sehr anfällig
2. stärkere Autarkie: eine Wohngemeinschaft/Straße/Gemeinde/Stadt baut ihr eigenes, von außen abgekoppeltes Netz auf; dies wird bereits jetzt von einigen kleineren Gemeinden umgesetzt, für größere Industrieansiedlungen wahrscheinlich illusorisch
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